Langfristig verantwortungs-
voll investieren

Im Gespräch mit Dino Lüssi, Portfolio-Manager bei swisspartners und Experte für ESG Investments.

Herr Lüssi, Sie haben Ihr Know-how für nachhaltiges Investieren durch ein Fernstudium in London erworben. Was hat Sie bewogen, Ihre Ausbildung Richtung ESG zu vertiefen?

Es findet kundenseitig ein Generationenwechsel statt. Die jüngeren Generationen X und Y haben ein leicht anderes Welt- und Werte­bild, das sich auch auf ihre Anlagebedürfnisse und -strategie auswirkt.

Wie kann man ESG kurz umschreiben?

Verschiedene Branchen haben diverse Nachhaltigkeits-Standards entwickelt. Die Finanzbranche ist noch in einem Findungsprozess, in welchem sich der Begriff ESG langsam durchzusetzen scheint. Um Nachhaltigkeit in einem Portfolio zu berücksichtigen, ist eine Vereinheitlichung der Datenlage wünschenswert. Das wird unter dem Begriff ESG in den Risiko-Messgrössen bzw. Risiko-Dimensionen E-Environment, S-Social und G-Governance angestrebt. Es geht um langfristig verantwortungsvolles Investieren.
Ich wünsche mir zukünftig mehr Positive Screening und Impact Investment.“

Wann und warum ist das Thema ESG eigentlich ins Rollen gekommen?

Das Thema nachhaltiges Investieren hat zu Beginn der 2000er Jahre richtig Fahrt aufgenommen. Einerseits haben sich seit damals die politischen Interventionen pro Jahr bezüglich ESG verzehnfacht, weil das Thema auf der Agenda höher gerutscht ist. Im Dezember 2019 einigten sich die Europäische Kommission und das Europäische Parlament auf eine Liste von Regeln für grüne Investitionen – bekannt als EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten. Diese zielt auch auf die Greenwashing-Problematik ab und ist eine politische Definition von Nachhaltigkeit. Gleichzeitig hat sich angebots­seitig die Datenlage der Unternehmen stark verbessert, das heisst die Messbarkeit erleichtert die Umsetzung.

Aktuell sind schätzungsweise rund 30 Bio. Dollar „nach­haltig“ investiert. Sehen Sie hier einen Trend, der sich langfristig so fortsetzen wird?

Der nachhaltige Investmenttrend wird sich kaum umkehren lassen. Nachhaltiges Investieren wird langfristig ein MUSS – vor dem Hintergrund des bereits genannten Risikoaspekts, also der Pflicht gegenüber den KundInnen in Kombination mit dem zunehmenden politischen Druck. Bemerkenswert finde ich, dass in gewissen skandinavischen Ländern die Pensions­kassen bereits zu ESG-Investmentstrategien verpflichtet sind. Die Pensionskassen sind mit die grössten Anleger. Sie sind infolge des unlimitierten Zeithorizontes per se dazu aufgerufen, langfristig verantwortlich zu investieren. Und eine nachhaltige Betrachtungsweise dient ja der Absicherung der Zukunft, der Kundenvermögen und eines verantwort­lichen Wachstums.
Der nachhaltige Investmenttrend wird sich kaum umkehren lassen. Nachhaltiges Investieren wird langfristig ein MUSS.“

Es gibt wissenschaftliche Studien, die belegen, dass sozial engagierte Unternehmen langfristig eine höhere Aktien­rendite erwirtschaften. Können Sie das aus Ihrer Erfahrung bestätigen?

Derart isolierte Betrachtungsweisen sind eher schwierig, denn ESG-Faktoren korrelieren immer mit traditionellen Faktoren und Kennzahlen. Man kann es so verstehen, dass Unternehmen, die hinsichtlich der Umwelt-Scores gut abschneiden, zukünftige Herausforderungen besser ein­schätzen und dadurch langfristig als Firma erfolgreicher sind. Das gleiche gilt für sozial engagierte Unternehmen, die den Fokus auf ihre Mitarbeitenden legen. Human Capital wird immer entscheidender, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Bereich der Governance wird vorwiegend ein guter Mix (Diversity) und eine Unabhängigkeit mit richtigen Anreizen (Lohn und Boni) angestrebt, was wiederum bei Unternehmen zu langfristig besseren Entscheidungen führt. Ein gutes Management dieser Bereiche verspricht auf lange Sicht höhere Renditen. Das ist der eine Aspekt, den der Finanzmarkt anstrebt. Der andere ist die Risikominderung. Politische oder Umweltrisiken verlangen heute seitens der Unternehmen ein transparentes Management. Die Anfor­derungen werden hier noch steigen und wir als Vermögensverwalter müssen diese Aspekte zum Schutze des Kundenkapitals miteinbeziehen.

Ihre persönliche Vision für Investments der Zukunft?

Ich wünsche mir zukünftig mehr Positive Screening und Impact Investment. Positive Screening befasst sich damit, die finanziellen Returns innerhalb eines festgelegten ESG-Kriterienkatalogs zu maximieren. Wir wenden hier einen Best-in-Class-Ansatz an, bei welchem wir die besten Player bezüglich unseren Nachhaltigkeitskriterien in ein Portfolio integrieren. Impact Investing will gezielt eine Veränderung herbeiführen. Oft orientiert man sich an den Sustainable Development Goals (SDG), um eine ökologische oder soziale Zielgrösse zu maximieren. Letztlich soll das Geld an sinn­volle Orte fliessen, die unseren Kindern eine lebenswertere Welt beschert.

Vielen Dank an Daniel Chardon, der Dino Lüssi am 28.10.2022 für das Art of Magazine interviewt hat. Das ungekürzte Gespräch finden Sie hier:

DINO LÜSSI
CMT | Portfolio Manager | swisspartners Investment Management & Solutions (IMS)
dino.luessi@swisspartners.com

Illustration © Adobe Stock

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